BLUTSVERWANDT – Es bleibt in der Familie
Eine szenische Auseinandersetzung
Konzept und Umsetzung: Daniela Cianciarulo, Isabella Cianciarulo, Valérie Jetzer
“Es gibt kein komplexeres System als die Familie. Sie ist wie ein Eisberg: Das, was von ihr zu sehen ist, ist nicht alles. Unsichtbar wirken geheime Kräfte, unbewusste Aufträge und Botschaften. Unsere Herkunftsfamilie beeinflusst unser Denken, Fühlen und Verhalten – oft ohne dass wir es merken.” Edda Constantini
Mit Blutsverwandt – Es bleibt in der Familie! laden wir – Daniela Cianciarulo, Isabella Cianciarulo und Valérie Jetzer – das Publikum ein, mit uns durch familiäre Sphären zu streifen. Durch die szenische Auseinandersetzung führt die Korrespondenz zweier Freundinnen. Die beiden teilen die pragmatische Annahme, dass jeder Mensch sich mit ähnlichen Fragestellungen beschäftigt. Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Wie werden wir zu denen, die wir sind?
Freudig berührt erkennen die Freundinnen gleichermassen eine grosse Verwandtschaft in ihren Denk- und Handlungsweisen. Man begibt sich gemeinsam auf die Suche nach Antworten. Man kümmert sich umeinander, teilt das Leben miteinander und bezeugt es gegenseitig, bedingungslos – aus Freundschaft, aus Liebe, aus Freude, aber auch aus Angst vor dem Allein- oder Verlorensein. Man nimmt Teil und Anteil am Leben des anderen, an der Verletzbarkeit, der Verzweiflung, am Humor, an Entscheidungen. Man begleitet und unterstützt sich. Man entwirft eine familiäre Anatomie. Und dann wird erlebbar, wie dennoch zart ein scheinbar unzerrüttbares Gebilde sein kann. Die Zuversicht der Freundinnen driftet auseinander und während die eine davon ausgeht, das Leben bestehe aus Versuch und Scheitern, beendet die andere ihr Leben auf eigenen Wunsch und aus Überzeugung, existenziell verschwunden und somit nichtig zu sein.
In der Inszenierung mäandern wir mit dem Ensemble durch verschiedene Tableaus. Die Figuren assoziieren – Medien werden ausgelotet, Versatzstücke eingespielt, Absurditäten zutage befördert, hochsensible Daten preisgegeben – nicht selten entstanden, in grosser Einsamkeit oder in verletzter Traurigkeit. Man hadert und dann lacht man wieder – man sehnt sich danach. Und man sehnt sich nach Geschichten. Es ist unmöglich, sie unerzählt zu lassen und auch, nicht davon vereinnahmt zu werden. Von der Geschichte der Restwärme beispielsweise, welche einem gleichermassen hernimmt wie fasziniert, weil es scheint, als sei in jüngsten Kinderjahren der Autorin eine sprachliche Feinheit geboren worden, welche in dieser Art überhaupt nur unter widrigen Umständen hat heranreifen können. Und doch freut man sich gleichzeitig kolossal über diesen Reichtum. Und über den Nachweis, dass sich jemand Zeit genommen hat für derart präzise Formulierungen. Für Unerklärliches hartnäckig nach Worten gesucht und alles sorgsam zusammengetragen hat. In der Gestaltung ist Trost zu finden. In der Beschäftigung mit einer Idee, im ruhelosen Sammeln von Recherchen, im Entwerfen von Strukturen, beim Befüllen mit Inhalten, im Zaudern, Verwerfen, Weitersuchen, erneut Verwerfen und Hinterfragen. Im sich Zeit nehmen, im Austauschen, Abwägen, Entscheiden. Bei der Präsentation, in der Angst, der Anspannung, der Neugierde auf Reaktionen. In der Leere danach, in den Sinnfragen, im Weitermachen. Es ist wie im richtigen Leben – das spendet Sicherheit. Und es bleibt in der Familie.
Darsteller_innen, Sprecher_innen: Aline Leutwiler, Josephine Scheibe, Mariyam Al–Baghdadi, Oliver Mannel, Orly Agam, Susanne Odermatt, Vincent Budik
Regie: Daniela Cianciarulo
Coaching: Isabella Cianciarulo
Kostüme: Valérie Jetzer
Technik: David Borter, Bruno Manser