Beyond the Waves

Schon als Kind verbrachte ich all meine Schulferien am Strand. Damals erstaunte und verwirrte es mich, wie sich meine Verwandten und Freunde innerhalb weniger Tag veränderten. Sie gaben sich ausgelassen dem Rhythmus der Wellen hin, wurden nachdenklich und zogen sich zurück, dies in einem unvorhersehbaren Wechsel. Ebbe und Flut ihrer Gefühle überrollten mich und liessen ein Mädchen mit vielen Fragen zurück. Erst mit dem Älterwerden begriff ich, dass das Meer mein Umfeld und mich veränderte. Psychologen sprechen vom ‘ozeanischen Gefühl’ – schrankenlos, selbstvergessen und unbegrenzt. Sigmund Freud bezeichnet es als “ein Gefühl unauflösbarer Verbundenheit, eines Zusammenhangs mit dem Ganzen.”
Meine Fotografien sind persönliche Annäherungen an dieses mysteriöse Gefühl. Was ist jenseits der Wellen noch zu sehen? Eine Strandgängerin, die selbstvergessen, wie menschliches Treibholz auf dem Sand liegt, das zurückgelassene Badekleid in der Abenddämmerung als Zeuge des unaufhaltbaren Vergehens der Zeit, auf dem Surfbrett stehende Kinder, konfrontiert mit der Unendlichkeit des Meeres. Schon seit Jahrhunderten ist das Meer für den Menschen Zufluchts- und Sehnsuchtsort. Ein fragiler Platz für Selbstreflexion und Selbstfindung. Wann immer möglich, verbringe ich meine Zeit in der Nähe des Meeres und beobachte die unzähligen Geschichten, die an die Ufer dieser Welt gespült werden. Die Zerbrechlichkeit des Menschen angesichts dieser unergründlichen Weite berührt mich immer wieder von neuem, und lässt mich auch heute noch mit genauso vielen Fragen zurück.

Ever since I was a child I spent all my holidays on the beach. At that time I was astonished by the way my relatives and friends changed within a few days. They indulged themselves into the cheerful rhythm of the waves or became thoughtful and retreated into their shell in an unpredictable alternation. Like high and low tide, their feelings dazzled me and raised a lot of questions. Growing older, I realised that the sea changed me and my environment in a peculiar way. Psychologists speak of the oceanic feeling – without restriction and oblivious of all around one. Sigmund Freud described it as “boundlessness, oneness, a sense of union with the entire world.” My photographs are personal approaches to this mysterious feeling. What is there to be seen beyond the waves? A beachgoer lying on the sand like human driftwood, the abandoned bathing suit at dusk, children standing on a surfboard faced with the infinity of the sea. For centuries the sea has been a place for self-reflection and self-discovery. Whenever possible, I still spend my time near the ocean, observing the countless stories that are washed ashore. The fragility of the people given this unfathomable vastness keeps striking me with every picture I take, leaving me with just as many questions I had as I child.